Der Werdenfelser Weg

als Ansatz im Betreuungsrecht

Was ist der Werdenfelser Weg?

Der Werdenfelser Weg ist ein verfahrensrechtlicher Ansatz im Rahmen des geltenden Betreuungs- und Verfahrensrecht, den Gedanken der Vermeidung von Fixierungen und freiheitsentziehenden Maßnahmen wie Bauchgurte, Bettgitter, Vorsatztische in Einrichtungen zu stärken.

Im Landkreis Garmisch-Partenkirchen findet mit erheblichem Erfolg seit Frühjahr 2007 eine Zusammenarbeit der Professionen tatsächlich statt. Die Initiative „Werdenfelser Weg“ hat auf diesem Weg zu einer erheblichen Reduzierung von Fixierungsmaßnahmen in allen Pflegeeinrichtungen im Landkreis geführt.

Ausgangspunkt war eine erstaunliche Beobachtung: Alle in den Entscheidungsprozess von Fixierungen Einbezogenen sahen die Gefahr durch Fixierung veranlasster Verluste an Lebensqualität, von dadurch verursachten psychischen und physischen Abbauprozessen, schließlich auch Todesgefahren, die von Bettgittern und Gurten ausgehen und alle bekannten sich zur Zielsetzung einer Fixierungsreduzierung. Es gelang dennoch seltsamerweise kaum, das Bekenntnis umzusetzen:

Nicht das einzige, aber ein zentrales Problem: Die (zumeist unbegründete) Angst der Einrichtungen vor späteren Regressansprüchen von Krankenkassen für Behandlungskosten bei Nichtfixierung war allgegenwärtig. Alle fachlichen Überlegungen der Pflegenden wurden davon immer wieder überlagert, dass eine zunächst gewissenhafte pflegerische Abwägung Monate später nach einem tatsächlichen Sturzereignis rückblickend als unverantwortlich dargestellt wird und zur späteren Rechtfertigung zwingt.

Der Ansatz: Spezialisierte Verfahrenspfleger für das gerichtlichen Genehmigungsverfahren von Fixierungen wurden in eigenen Schulungen fachlich fortgebildet, so dass sie über eine Kombination von pflegefachlichem Wissen über Vermeidungsstrategien und gehobenem juristischen Informationsstand über die rechtlichen Kriterien zu diesem Thema verfügen. Dieser Verfahrenspfleger diskutiert im gerichtlichen Auftrag jeden Fixierungsfall individuell und geht über den eitraum mehrerer Wochen, Alternativüberlegungen gemeinsam mit dem Heim und den Angehörigen durch, im Einzelfall regt er auch Erprobungen von Alternativmaßnahmen an. Ziel ist es zu einer gemeinsam getragenen Abschätzung zu kommen, wie im konkreten Fall das Verletzungsrisiko bei einem Sturz einerseits, die anderweitigen Folgen einer angewendeten Fixierung dagegen andererseits einzuschätzen sind. Auf diese Art und Weise sollen neben kurzfristigen Sicherheitsaspekten auch die ansonsten nie ausreichend beachteten sonstigen Konsequenzen einbezogen werden, also der Verlust an Lebensqualität und aus Fixierungen resultierende physische und psychische erschlechterungen bis hin zu Tötungsrisiken.

Oft mit dem Ergebnis, dass eine Fixierung fachlich und juristisch mit allen negativen Auswirkungen nicht zu rechtfertigen ist.

Dies wird dann in einer abschließenden gerichtlichen Entscheidung (Versagung der Genehmigung für Fixierungen) estgehalten. 

Mit dieser Stärkung des Gedankens der Vermeidung von Fixierungen, der aktiv vom Betreuungsgericht, Btreuungsbehörde und Heimaufsicht und Unterstützung des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen hineingetragen wird, hat sich die Zahl von Fixierungsanträge auf einen geringen Bruchteil reduziert, weil fast alle Einrichtungen auch ohne gerichtliche Einschaltung nunmehr von den Möglichkeiten und Notwendigkeiten der Fixierungsvermeidung Gebrauch machen und eigene Dokumentationssysteme nutzen, um regresssicher die Grundlagen der pflegerischen Nichtfixierungsentscheidung festzuhalten.

Es reduzierte sich die Anzahl der neuen Fixierungsgenehmigungen mittlerweile in einen Bereich, der Anlass für die (mit aller Zurückhaltung geäußerte) Hoffnung gibt, dass zukünftig im Amtsgerichtsbezirk Garmisch-Partenkirchen niemand mehr dauerhaft gegen seinen erkennbaren Willen mit fixierenden Maßnahmen in seiner Freiheit eingeschränkt wird.

-Dr. Sebastian Kirsch

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